Ansichtskarten aus der Kriegsgefangenschaft - Ohrdruf 1914:
Ansichtskarten aus der Kriegsgefangenschaft - auf der einen Seite eine Möglichkeit die Angehörigen zu Hause zu grüßen und auf der anderen Seite ein probates Mittel der Kriegspropaganda im eigenen
Land.
Am 19. August 1914 kamen die ersten französischen Kriegsgefangenen in Ohrdruf an. Die Zahl der Gefangenen wuchs rasch. Bereits am 26. August des Monats wurde die Zahl der hier liegenden Kriegsgefangenen mit 6.000 und weitere zwei Tage später 10.000 Mann beziffert. Die überwiegende Anzahl der Gefangenen waren Franzosen, Belgier, Polen, Russen, Rumänen und Portugiesen.
Das Gefangenenlager wurde in zwei Abschnitten gebaut. Im ersten Teil des Lagers, der etwa 10.000 Gefangene aufnehmen sollte, wurde für die Baracken ein massiver Unterbau hergestellt auf dem die hölzernen Aufbauten errichtet wurden. Dieser erste Bauabschnitt bestand aus sieben Blocks. Jeder Block bestand aus zehn Mannschaftsbaracken für je 120 Gefangene, eine Küche einen Waschraum und die nötigen Latrinen. Für alle Blocks gemeinsam eine Desinfektionsanstalt. Das zweite Lager, welches ebenfalls für 10.000 Gefangene angelegt wurde, bestand aus 10 großen Holzbaracken. Diese Baracken waren jeweils in vier Segmente zur Aufnahme von 250 Mann unterteilt. Für die Baracken des zweiten Bauabschnitts wurde kein massiver Unterbau angelegt.
Die in größter Eile geschaffenen Latrinen waren über großen Gruben errichtet worden, welche täglich entleert werden mussten. Der Inhalt wurde in einer etwa einen Kilometer vom Lager entfernten Senke verkippt. Dieser Zustand war auf längere Zeit nicht tragbar. im Sommer 1915 wurde eine neue Abortanlage gebaut diese umfasste 536 Toiletten mit Wasserspülung.
Ab Dezember 1914 wurden französische Gefangene zur Anlegung von Gleisen für eine Schmalspurbahn vom Bahnhof Ohrdruf zum neuen Barackenlager eingesetzt. Der Bau dieser Bahn war unentbehrlich geworden, weil die Menge der zu versorgenden Gefangenen in der gesamten Region für logistische Probleme sorgte. Die Versorgung mit Baumaterial, Lebensmitteln, Kleidung, der Transport und die Verteilung der vielen hundert Pakete, die täglich hier ankamen war sonst nicht möglich.
Im Lager konnte nur mit dem eigens dafür hergestellten "Lagergeld" gezahlt werden.
Im Frühjahr 1916 war das Gefangenenlager Ohrdruf als solches nur noch schwach belegt, denn von diesem Zeitpunkt an wurden von der neutralen Schweiz und später auch von Holland invalide oder chronisch Kranke, die nicht arbeitsfähig waren, aufgenommen und interniert. Alle anderen wurden in Deutschland zur Arbeit eingesetzt.
Am 1. Mai 1916 informierte die Kommandantur des Kriegsgefangenenlagers die Stadtverwaltung Ohrdruf über die neuen Verhältnisse auf dem Truppenübungsplatz mit folgenden Worten: "Die Kommandantur teilt dem Magistrat ergebenst mit, dass das hiesige Lager aufgelöst ist und die Kommandos des dortigen Bezirkes nach dem Gefangenenlager Langensalza überwiesen worden sind."
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