Eibentransport in Frankfurt/Main 1907...
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Die 12 Meter hohe Eibe mit einem Durchmesser von 73 cm und einem Alter von 277 Jahren stand im Alten Botanischen Garten in Frankfurt/Main und sollte ausgegraben und in den Palmengarten versetzt werden.
Der Ballen des ausgegrabenen Baumes wurde mit einem Gewicht von 37,5 t, Stamm und Krone auf etwa 5 t geschätzt, so dass ein Gewicht von insgesamt etwa 42,5 t über 3,5 km durch die Straßen der Stadt Frankfurt zu verfrachten war. Mit Rollen aus Eichenholz wurde die Last über einen Bohlenunterbau gleichmäßig auf die Straße verteilt. Wegen der Höhe von über 15 m mußte auch die Oberleitung der Straßenbahn an verschiedenen Stellen entfernt werden.
In den frühen Morgenstundes des 24. Mai 1907 begann der eigentliche Transport. Mit Winden und Dampfwalzen wurde der Baum durch Frankfurts Straßen gezogen. Am 26. Juni war die Verpflanzung beendet. 17 Tage! davon dauerte alleine der Transport. Die Bevölkerung belagerte damals aufmerksam den Transportweg des ungewöhnlichen Ereignisses. Die gesamte Umsetzung kostete damals 28.000 Reichsmark, eine gewaltige Summe für die Verpflanzung eines Baumes. Würde man das heute für die Umsetzung eines Baum bezahlen?
Heute sieht die Frankfurter Eibe nicht mehr ganz so imposant aus wie beim Umzug durch die Straßen Frankfurts 1907. Trotzdem, auf ihre Art ist sie in Deutschland wohl einzigartig, die Frankfurter Eibe.
Vor 100 Jahren fand die erste ILA statt...
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Mit einer weisen Entscheidung legten die Frankfurter Stadtväter vor einhundert Jahren den Grundstein für einen Leistungsvergleich, der bis heute eine international anerkannte Plattform zur Präsentation der Errungenschaften auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt ist: Sie organisierten die erste Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung (ILA).
Über anderthalb Millionen Menschen waren in den 100 ILA-Tagen vom 10. Juli bis 17. Oktober auf den Beinen. Sie drängten sich durch die in der neuen Frankfurter Festhalle untergebrachte Ausstellung, wo sie die neuesten Errungenschaften und Erfindungen bestaunten. Erstmalig wurde der Bevölkerung und Fachwelt ein umfassender Überblick über den damaligen Stand des Luftschiffbaus und der Flugtechnik präsentiert. Star der Ausstellung war ein Flugzeug der amerikanischen Brüder Orville und Wilbur Wright, die überzeugt waren, den ersten Motorflug der Welt am 17. Dezember 1903 absolviert zu haben.
In der Nähe der Ausstellungshalle lag ein Versuchsfeld, das für Flugwettbewerbe genutzt wurde. Hier gehörten spektakuläre Fahrten von Ballonen und Luftschiffen sowie die mutigen Flugversuche von Piloten mit ihren Gleitern und diversen Flugmaschinen zum Alltag.
Am 31. Juli 1909 landete Graf Zeppelin mit seinem Luftschiff "LZ 5" zum ersten Mal in Frankfurt. Die Besucher bejubelten jedoch nicht nur das Luftschiff des Grafen. Sie bestaunten auch die Konstruktionen des Majors August von Parseval, des Kölner Unternehmers Franz Clouth und Luftschiffpioniers Hermann Ruthenberg.
Rund 1200 Flüge von über 400 Ballonen und Luftschiffen verzeichneten die Chronisten während der ILA. Über eintausend Passagiere leisteten sich eine Fahrt, um ihre Stadt von oben zu sehen.
Der Luftfahrtboom hatte auch die Verlage erfasst. Sie produzierten eine Vielfalt von Ansichtskarten vor allem mit Ballon- und Zeppelinmotiven, die überall in der Stadt verkauft wurden. Neben unzähligen privaten Anlass- und Sonderkarten gehören heute die "Offiziellen ILA-Postkarten" (Abb.) zu den bei Luftfahrt-Sammlern beliebten Ansichtskarten.
Städtekonkurrenz per Ansichtskarte...
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"Krie die Kränk, Offebach! Die Stan binne se an, die Hunde losse se laafe." (übersetzt: "Verdammtes Offenbach! Die Steine binden sie an, die Hunde lassen sie laufen.") – soll ein Frankfurter Bürger ausgerufen haben, als er im Winter das nahegelegene Offenbach aufgesucht hatte, auf Glatteis ausrutschte und dazu auch noch von Hunden angegriffen wurde. Steinwürfe zu seiner Verteidigung waren ihm nicht möglich, da diese festgefroren waren. Eine Bosheit der Offenbacher?
Ob die auf der 1905 gelaufenen Ansichtskarte dargestellte Szene (die geschickt Karikatur mit realer Ansicht kombiniert) auf ein tatsächlich stattgefundenes Ereignis zurückzuführen ist, sei dahingestellt. Sie zeigt aber drastisch im südhessischen Dialekt das seit Jahrhunderten gespannte Verhältnis der beiden benachbarten hessischen Städte.
Historische Wurzeln hat der Konflikt bereits im 14. Jahrhundert, als in Offenbach am Mainufer eine Wasserburg erbaut wurde, was den Frankfurtern nicht behagte. Von ihr aus forderte im 30-jährigen Krieg der Schwedenkönig Gustav Adolf Frankfurt zur Übergabe auf. Verhandlungen darüber lehnte er strikt ab. So musste sich Frankfurt, und das ausgerechnet in Offenbach, unterwerfen und eine schwedische Besatzung ertragen. So etwas wirkt lange nach!
Frankfurt am Main, die ehemals Freie Reichsstadt, als Messestadt reich und weltoffen, mit selbstbewusstem Bürgertum - und benachbart die kleine, aufstrebende Stadt Offenbach, die sich u.a. durch die Ansiedlung französischer Hugenotten langsam zu einer Industriestadt entwickelte: Das sahen viele Frankfurter kritisch.
Während die Offenbacher oft mit der Straßenbahn Linie 16 (vgl. die Kartenabbildung) z.B. zum Einkaufen nach Frankfurt fuhren, "verirrte" sich selten mal ein Frankfurter ins ungeliebte Offenbach.
Einen vorgeschobenen Grund zeigt die Karte aus der Zeit um 1900.
Diese Konkurrenzsituation hat sich bis in die Gegenwart erhalten, was sich z.B. im Verhältnis der jeweils tonangebenden Fußballvereine (Eintracht Frankfurt versus Kickers Offenbach), misslungenen Eingemeindungsversuchen seitens Frankfurts und der abwertenden Interpretation des Kfz.-Kennzeichens OF ("Ohne Führerschein") äußert.
Heute verbindet die dargestellte Straßenbahnlinie auch nicht mehr beide Innenstädte – sie fährt von Frankfurt aus nur noch bis zur Stadtgrenze. Das ist aber wohl eher eine Folge des Ausbaus der S-Bahnen zu Lasten der Straßenbahnen im Rhein-Main-Gebiet.
In der hier dargestellten "Frankfurter Straße" in Offenbach zeigt seit 1998 eine beweglich aufgebaute bronzene Figurengruppe des Bildhauers Bonifacius Stirnberg die auf der Ansichtskarte dargestellte Szene.
So verbinden sich Geschichte mit Gegenwart, Legende mit Kunst.
Das Frankfurter Turnfest 1948...
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Drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges findet vom 19.- 23. August 1948 das "Frankfurter Turnfest" in Frankfurt a. M. statt und folgt damit einer alten Tradition von gemeinschaftlichen Sportgroßveranstaltungen, den "Deutschen Turnfesten"! Da es sich jedoch 1948 um das erste Sportevent dieser Art direkt nach dem Krieg handelt, veranlasst die alliierte Besatzungsmacht ein Verbot, den alten Namen "Deutsches Turnfest" wieder zu verwenden, weil gesamtdeutsche Veranstaltungen bis auf Weiteres nicht gestattet sind- so entsteht als offizieller Name aufgrund des Veranstaltungsortes das "Frankfurter Turnfest". Die Teilnahme daran ist, auch als Unterschied zur gesamtdeutschen Ausrichtung der Vorgängerveranstaltungen, nur Sportlern der amerikanisch- britisch kontrollierten Bizone möglich.
Vorantreibende Kraft bezüglich Planung und Organisation des "Frankfurter Turnfestes" ist der damalige Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Walter Kolb, dessen Hauptidee bei der Rahmengestaltung des Events die Erinnerung an das 100jährige Jubiläum der Märzrevolution 1848/ 49 mit der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche ist, weshalb in der praktischen Umsetzung am 19.08.1948 das Fest auch an diesem geschichtsträchtigen Ort eröffnet wird.
Die sportlichen Wettkämpfe sind mangels kriegsbedingt unversehrter Austragungsorte hauptsächlich auf das Frankfurter Waldstadion (heute Commerzbank-Arena) beschränkt, wobei jedoch einzelne Veranstaltungen auch auf dem Römerberg und dem Gebiet des Frankfurter Zoologischen Gartens stattfinden - der sonst übliche Umzug durch die Stadt ist wegen der noch alles übersäenden Trümmermassen nicht möglich!
Bei den Wettbewerben, die u.a. Mehrkämpfe, Turnspiele und Freiübungen umfassen, nehmen etwa 30.000 Sportler teil und werden am letzten Tag von rund 18.000 Zuschauern bejubelt.
Statistisch wird das "Frankfurter Turnfest" heute als 19. Deutsches Turnfest angesehen und stellt mit seinem Stattfinden ein Zeichen für den Willen eines entschlossenen Volkes zum Wiederaufbau, für den Willen zur Einheit Deutschlands dar.
Wartburgfahrt des Evangelischen Arbeiter-Vereins Frankfurt am 17. Juni 1900...
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An die Wartburgfahrt des Evangelischen Arbeiter-Vereins Frankfurt am 17. Juni 1900 erinnert die abgebildete Karte, die im September 1900 von Frankfurt nach Amsterdam in Holland lief.
Die Wartburg war besonders für nationalprotestantische Kreise von größter Wichtigkeit. Nicht nur hielt sich 1521 der deutsche Reformator Martin Luther nach dem Wormser Reichstag auf der Festung oberhalb von Eisenach auf und übersetzte dort große Teile der Bibel in die deutsche Sprache; die Wartburg wurde in den Achtzehnhunderterjahren immer mehr ein Ort größter Symbolkraft für das erwachte deutsche Nationalbewusstsein.
Das Wartburgfest der Burschenschaften 1817 symbolisierte nach den napoleonischen Kriegen die Sehnsucht nach einem geeinten Deutschland. Seine Wiederauflage 1848 gehört mit zur Geschichte der deutschen demokratischen Bewegung, untrennbar mit dem Paulskirchenparlament in Frankfurt verbunden. Schließlich rückte der "Sängerkrieg auf der Wartburg" im Literatur und Musik die Burg im Grenzgebiet zwischen Thüringen und Hessen ins patriotische Bewusstsein.
So war es den kein Zufall, dass im Frühsommer 1900 auch der Evangelische Arbeiter-Verein aus Frankfurt sich zur Wartburg aufmachte. Und da es schon lange eine gute Eisenbahnverbindung von Frankfurt nach Eisenach gab, dürfte zumindest der Weg bis nach Eisenach keine Probleme gemacht haben.
Und für den Aufstieg zur Burg mag sich der eine oder andere auch der Esel bedient haben, die seit Generationen treu und geduldig den steilen Aufstieg zur Wartburg für so manchen patriotischen oder frommen Pilger erleichtert haben.
Der Evangelische Arbeiter-Verein in Frankfurt war in der aufstrebenden Industrie- und Handelsstadt eine Institution. Gegründet wurden die meisten Arbeitervereine in den 80er Jahren des vorletzten Jahrhunderts. Die Vereine waren strikt antikatholisch und antisozialdemokratisch ausgerichtet. Sie bekannten sich zur Monarchie und der Dynastie der Hohenzollern. Die meisten Vereine waren Bildungs- und Geselligkeitsvereine mit einer ausgeprägten Festkultur. Darüber hinaus betrieben sie Volksbildung. Es wurden Literaturabende veranstaltet, Laientheater gemacht und Musik gespielt.
In Frankfurt hatte 1891 der liberale Theologe Friedrich Naumann den Evangelischen Arbeiterverein als wichtige Säule der "Inneren Mission" gegründet. Auf Initiative Naumanns und des Arbeitervereins wurden in Frankfurt mehrere Hundert Kleinwohnungen und ein Arbeiterwohnheim in Niederrad gebaut.
Obwohl es damals in Frankfurt mit dem "Frankfurter Volksboten" - seit 1898 "Hessisch-Nassauischer Volksbote" - sogar eine Zeitung des Evangelischen Arbeitervereins gab, sind heute kaum noch Spuren des einstmals aktiven und engagierten Vereins zu finden. Es sei denn, man stößt auf eine 120 Jahre alte Ansichtskarte, die an die Wartburgfahrt erinnert am 17. Juni des Jahres 1900.