Die Katastrophe des Ballons "Pommern" am 3. April 1910:
"Nach der Katastrophe des Ballons "Pommern". Bergung der Ballonreste in Sassnitz" lautet die Erklärung auf der Rückseite der 1912 per Bahnpost beförderten Karte.
Was war geschehen: Am 3. April 191
0 startete der Ballon "Pommern" vormittags in Stettin mit dem Ballonführer Werner Hugo Wilhelm Delbrück, dem 42jährigen Reichstagsabgeordneten, Gemeindevertreter von Heringsdorf und Kreistagsabgeordneten von Usedom-Wollin, einem begeisterten Ballonfahrer. Mit ihm waren der Kaufmann Hein, der Bankbeamte Semmelhack und Stadtbaurat Karl Bendhuhn im Korb des Ballons. Die Begeisterung der zahlreichen Zuschauer wich bald dem blanken Entsetzen, als der Ballon kurz nach dem Aufstieg mit Telegrafendrähten und danach mit einem gerüstähnlichen Dachaufbau und dem Schornstein der Firma "Neubauer & Wilke Generalvertreter Süddeutscher und Pilsener Brauereien" im Ortsteil Stettin-Zabelsdorf kollidierte.
Der Aufprall war so stark, dass nicht nur Teile der Gondeltaue zerrissen und das schwere Balkengerüst und der Schornstein der Firma zerstört wurden, sondern die Insassen schwere Kopfverletzungen, einige auch Bein- und Armbrüche davontrugen.
Semmelhack, der einzige Überlebende der Katastrophe, schilderte das Ende der dreistündigen Horrorfahrt am 4. April in einem Zeitungsinterview.
Er selbst sei gegen den Rand des Ballonkorbes geschleudert worden und sei zeitweise ohnmächtig gewesen. Das Netzwerk des Ballons sei bis über die Hälfte zerrissen. Ein aufkommender Sturm trieb den Ballon mit rasender Geschwindigkeit nach Nordwesten. Als Delbrück kurzeitig aus seiner Ohnmacht erwachte und das Ventil des Ballons öffnen wollte um ein Abtreiben auf die offene See zu verhindern, sei das Seil gerissen. In der Nähe von Rügen geriet der Ballon in Turbulenzen und wurde bis auf 50 Meter heruntergedrückt. Delbrück riss jetzt die Reißbahn und der Ballon sei nun etwa 500 Meter von Sassnitz entfernt mit furchtbarer Gewalt auf das Wasser aufgeschlagen. Allen Insassen gelang es zunächst, sich aus dem Ballonkorb zu befreien. Bis auf Semmelhack versank jedoch einer nach dem anderen in der Ostsee. Semmelhack selbst gelang es trotz eines Beinbruchs mit letzter Kraft schwimmend die Ballonhülle zu erreichen, von der er schließlich gerettet werden konnte. Kaufmann Hein wird sofort tot geboren, die beiden anderen Insassen werden zunächst vermisst und erst am nächsten Tag tot aufgefunden.
Warum der Absender gerade eine Ansichtskarte mit diesem Ereignis verschickte, war leider nicht zu erkennen, weil die Karte ursprünglich wohl in ein Album geklebt und daraus mit "sanfter" Gewalt herausgelöst wurde.
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Unsere Kaiserin beim Verwundeten-Austausch in Saßnitz:
Die Ansichtskarte zeigt "Unsere Kaiserin" (Kaiserin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, 1858-1921, Ehefrau des Kaisers Wilhelm II.) 1916 beim Verwundetenaustausch über di
e Fährverbindung "Königslinie" in Sassnitz.
Ein Redakteur schilderte die Ankunft der Schiffe mit den Verwundeten:
"Zwischen dem Schiff und der Kaiserin verkehrten zwei Verbindungsoffiziere, die bei jedem Verwundeten, der heraufgeführt oder getragen wurde, Namen, Staatsangehörigkeit und Regiment ansagten. Die Kaiserin gab jedem die Hand und einen kleinen, an einer Ansichtskarte befestigten Blumenstrauß mit den Worten: `Willkommen in der Heimat!` Und so ging es weiter, zwei volle Stunden hindurch, ohne dass die hohe Frau von dem Stuhl, den man neben sie gestellt hatte, auch nur einmal Gebrauch machte. Völlig erschöpft, in Tränen gebadet, wurde sie von ihren Kammerfrauen schwankend zum Zuge zurück geführt, der gleich darauf wieder die Heimreise antrat" (zitiert bei Biederstaedt, 2009).
Hintergrund: Während des ersten Weltkriegs diente die "Königslinie" zwischen Sassnitz und Trelleborg (Schweden) auch zum Austausch schwerstverwundeter Kriegsgefangener; für ihren Transport waren u. a. die schwedischen Dampfer "Birger Jarl" und "Aelous" zu Hospitalschiffen umgebaut worden.
Am 11. August 1915 treffen die ersten Verwundeten, es handelt sich um russische Austauschverwundete, in Sassnitz ein, wo sie an das neutrale Königreich Schweden übergeben werden sollen. Auf offene Wagen wurden sie in zehn Sassnitzer Hotels gefahren und bis zur Ankunft des Schiffes betreut. Die Sassnitzer betrachteten stumm das grauenhafte Bild, mussten sie doch an die eigenen Söhne und Väter an der Front denken, die einstige Kriegseuphorie war ohnehin längst verflogen. Im Dezember werden die Transporte zunächst eingestellt, aber am 7. April 1916 wieder aufgenommen; am 7. Juli 1916 verlassen nur 36 Austauschverwundete das Schiff, mehr als 100 waren auf dem Transport verstorben. 1918 werden die Verwundetentransporte endgültig eingestellt. Später, während des Zweiten Weltkrieges, finden erneut Verwundetenaustausche über die "Königslinie" statt.
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