Unsere Kaiserin beim Verwundeten-Austausch in Saßnitz:
Die Ansichtskarte zeigt "Unsere Kaiserin" (Kaiserin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, 1858-1921, Ehefrau des Kaisers Wilhelm II.) 1916 beim Verwundetenaustausch über di
e Fährverbindung "Königslinie" in Sassnitz.
Ein Redakteur schilderte die Ankunft der Schiffe mit den Verwundeten:
"Zwischen dem Schiff und der Kaiserin verkehrten zwei Verbindungsoffiziere, die bei jedem Verwundeten, der heraufgeführt oder getragen wurde, Namen, Staatsangehörigkeit und Regiment ansagten. Die Kaiserin gab jedem die Hand und einen kleinen, an einer Ansichtskarte befestigten Blumenstrauß mit den Worten: `Willkommen in der Heimat!` Und so ging es weiter, zwei volle Stunden hindurch, ohne dass die hohe Frau von dem Stuhl, den man neben sie gestellt hatte, auch nur einmal Gebrauch machte. Völlig erschöpft, in Tränen gebadet, wurde sie von ihren Kammerfrauen schwankend zum Zuge zurück geführt, der gleich darauf wieder die Heimreise antrat" (zitiert bei Biederstaedt, 2009).
Hintergrund: Während des ersten Weltkriegs diente die "Königslinie" zwischen Sassnitz und Trelleborg (Schweden) auch zum Austausch schwerstverwundeter Kriegsgefangener; für ihren Transport waren u. a. die schwedischen Dampfer "Birger Jarl" und "Aelous" zu Hospitalschiffen umgebaut worden.
Am 11. August 1915 treffen die ersten Verwundeten, es handelt sich um russische Austauschverwundete, in Sassnitz ein, wo sie an das neutrale Königreich Schweden übergeben werden sollen. Auf offene Wagen wurden sie in zehn Sassnitzer Hotels gefahren und bis zur Ankunft des Schiffes betreut. Die Sassnitzer betrachteten stumm das grauenhafte Bild, mussten sie doch an die eigenen Söhne und Väter an der Front denken, die einstige Kriegseuphorie war ohnehin längst verflogen. Im Dezember werden die Transporte zunächst eingestellt, aber am 7. April 1916 wieder aufgenommen; am 7. Juli 1916 verlassen nur 36 Austauschverwundete das Schiff, mehr als 100 waren auf dem Transport verstorben. 1918 werden die Verwundetentransporte endgültig eingestellt. Später, während des Zweiten Weltkrieges, finden erneut Verwundetenaustausche über die "Königslinie" statt.
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