alte Ansichtskarten / old postcards

Ausflug des Maschinen-Setzer-Klubs Mannheim-Ludwigshafen nach Buchklingen (1910)

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Der sperrige Titel müsste eigentlich den Maschinen-Setzer-Klub (=Schriftsetzer) Heidelberg mit einschließen. Doch das wäre des Guten zu viel. Die erwähnte Ansichtskarte macht dem ersten Ansehen nach den Eindruck eines fröhlichen Vereinsausfluges, doch dahinter verbirgt sich, wenn man etwas tiefer gräbt, ein Stück Sozial- und Gewerkschaftsgeschichte aus dem Rhein-Neckar-Raum. Der Ausflug fand am 24. Juli 1910, einem Sonntag, nach Buchklingen statt, das heute zur Gemeinde Birkenau gehört. Die Aufnahme entstand im rückwärtigen Bereich der Gastwirtschaft zum „Grünen Baum“, die heute noch betrieben wird. Aufgenommen haben dürfte die Karte Adam Weber, der Inhaber höchstpersönlich, der für seine Gaststätte Ansichtskarten als Werbemittel, aber auch für andere Gastronomen, herausgab. Die beiden Maschinen-Setzer-Klubs aus Mannheim-Ludwigshafen und Heidelberg trafen sich am Bahnhof Weinheim und hatten zu Fuß Buchklingen in etwa 1 ½ bis zwei Stunden erreicht. Nicht auszuschließen ist, dass die illustre Gesellschaft vorher in Weinheim bei einer Druckerei eine damals moderne Setz- oder Druckmaschine bestaunt hatte. Dies ist zumindest für andere Ausflüge, die immer in „Erinnerung“ des Stiftungsfestes stattfanden, überliefert.

Über die Gründung Maschinen-Setzer-Klubs Mannheim-Ludwigshafen wird 1903 erwähnt: „Auf den 9. August wurde von dem provisorischen Vorsitzenden die konstituierende Versammlung anberaumt, und konnte derselbe die erfreuliche Mitteilung machen, dass sich durch Unterschrift bereits 19 Kollegen in Mannheim und 2 in Ludwigshafen zum Beitritt verpflichteten […].“ Zum 1. Vorsitzenden wurde der Kollege Lebkuchen gewählt. Dachverband war dabei der Verband Deutscher Buchdrucker. 1904 unternahm der Klub mit Damen, wie es heißt, einen Ausflug nach Neustadt an der Weinstraße, wo man „nach einem genussreichen Spaziergange vereinigt ein Mittagsmal einnahm. Nachmittags fand mit den Neustädter Kollegen eine gemütliche Unterhaltung in einem Bierkeller, bei Reden, Liedern, Tanz und Kegelspiel statt.“ Mitgliederversammlungen fanden in Mannheim zunächst im Restaurant „Morgenröte“, späterhin im Restaurant „Trifels“ statt. Auf diesen Versammlungen stimmte man Lohnforderungen ab, geißelte Missstände und bestimmte Delegierte, die etwa bei Generalversammlungen der Mittelrheinischen Maschinensetzervereinigung die Interessen der Mannheimer Kollegen vertraten. Aber auch technische Neuerungen wurden besprochen und registriert, so heißt es 1907: „… in unserem Klubbezirke wurde die Zahl der Setzmaschinen um drei Linotypes vermehrt, es beträgt die Zahl somit 28 (16 Linotype, 10 Typograph und 2 Monoline).“ 1907 hatte der Maschinen-Setzer-Klub Mannheim-Ludwigshafen 35 Mitglieder. 1908 fand eine im Tarif enthaltene Bestimmung eine halbstündige Putzzeit der Setzmaschinen heftige Kritik. Man vertrat der Standpunkt, dass diese zu knapp bemessene Zeit zu regelmäßigen Überstunden führen würde. Im gleichen Jahr unternahm man einen Familienausflug nach „Heidelberg-Schriesheim“, wo man eine „Doppelmagazin-Linotype“ besichtigte, um anschließend zum gemütlichen Teil überzugehen.

1910 hatte der Maschinensetzer-Klub Mannheim-Ludwigshafen 59 Mitglieder. Die mit ihren Heidelberger Kollegen nach Buchklingen kamen, man hatte Sonntagskleidung angezogen, und auch Frauen und Kinder mitgenommen. In der Mitte der Gruppenaufnahme ist breitbeinig und selbstbewusst der 1. Vorsitzende namens „Eyer“ zu sehen, neben oder hinter ihm seine herausgeputzte Frau. Etwas seltsam muten die zu dieser Kleidung gezeigten bäuerlichen Geräte, wie Rechen, Sensen oder Dreschflegel an. Vermutlich ein Spaß, der an die zupackende Art und lärmintensive anstrengende Arbeit an den Setzmaschinen erinnern sollte. Man verbrachte fröhliche Stunden im „Grünen Baum“ in Buchklingen, wo damals gutbürgerliche Küche zu haben war. Man bekam damals eine Haferflockensuppe, 3 Spiegeleier mit Kartoffelsalat und anschließendem Kaffee für 4 Mark. Man konnte aber auch Suppe, Salzbohnen mit Kartoffelbrei und Speck für 3 Mark zu sich nehmen. Nach einem erfüllten Tag wanderte man zurück zum Weinheimer Bahnhof und fuhr mit dem Zug mit Kind und Kegel nach Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg zurück.

eingesandt von: Günter Körner
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