alte Ansichtskarten / old postcards

Der Dauergeher aus Bonn - Eine Reise durch Deutschland in 270 Tagen

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Mehr als 100 Jahre ist es her, als sich Karl Dierdorf aus dem beschaulichen Bonn am Rhein auf den Weg quer durch Deutschland machte, um eine verrückte Wette zu gewinnen. 8.000 Mark (nach heutigem Geldwert gut und gerne 40.000 €) waren ihm versprochen worden, wenn er binnen neun Monaten eine festgelegte Reiseroute durch 240 Städte und Dörfern „auf Schusters Rappen“ absolvierte. Und damit nicht genug. Erschwerend kam hinzu, dass er auf dem ohnehin schon beschwerlichen Fußmarsch ein Fass vor sich herzurollen hatte. Das sehr massiv gebaute und mit starken Reifen versehene Fass fasste 599 Liter.

Im Jahre 1911 trat der „Wett- und Dauergeher“, wie ihn die Presse damals taufte, seinen strapaziösen Weg an, das Fass immer vor sich herrollend. Nur dort, wo es die Polizei nicht gestattete, wurde das Fass auf einem Handwagen gefahren. Auf einem Handwagen schob er das Fass auch, als er am 27. März in Köln einzog. Er übernachtete dort in der Brauerei-Wirtschaft von Winter auf der Schildergasse und setzte am nächsten Morgen seine Reise nach Düren fort.

Es dauerte nicht lange, bis sich ihm die ersten Begleiter anschlossen. In den Ortschaften, die er erreichte, erntete er überall ein großes Hallo. Nach und nach sprach sich sein Vorhaben herum und fand auch in den Zeitungen Widerhall.

Am 16. Juni 1911 kehrte Dierdorf in Wesselmanns Gast- und Logierhaus in Bad Bramstedt ein. Von diesem Aufenthalt kündet eine Ansichtskarte, die aus diesem Anlass angefertigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt lagen schon weit über 500 km hinter dem „Marathonmann“ aus Bonn.

Leider sind nur wenige Einzelheiten seiner Mammuttour überliefert. Wir wissen aber, dass er sich zumindest nicht über Kälte und Nässe beschweren konnte: Der Sommer des Jahres 1911 war ungewöhnlich warm. Es war der wärmste und trockenste Sommer in Mitteleuropa seit über dreißig Jahren und sollte auch in den nachfolgenden Jahrzehnten nicht übertroffen werden. Bereits Ende März hatte Cottbus einen Sommertag mit 25°C verzeichnen können, schon im April stiegen die Quecksilbersäulen in ganz Deutschland auf hochsommerliche Temperaturen. Ende Juni musste die Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses wegen unerträglicher Hitze vertagt werden, und Ende Juli erreicht die seit Wochen anhaltende Hitzewelle mit +33°C in Berlin einen Höhepunkt. In Magdeburg wurden +37,5°C, in Jena +39,9°C und in Landshut sogar +39,3°C gemessen. Das preußische Kultusministerium verfügte im August wegen der anhaltend großen Hitze Unterrichtsfrei an den Schulen.

Unter diesen Bedingungen wird auch Karl Diedorf arg ins Schwitzen gekommen sein. Leider wissen wir nicht, ob er das verdiente Wetthonorar am Ende tatsächlich einstreichen konnte. Die letzte der überlieferten Pressemeldungen lässt daran zweifeln. Unter der Überschrift „Der verschwundene Tonnen-Wanderer“ vermeldete die „Thorner Presse“ Mitte September 1911: „Der Dauergeher Dierdorf aus Bonn a. Rh., der mit einer Tonne die Reise zu Fuß um Deutschland machen wollte, ist, einer Meldung aus Lübeck zufolge, spurlos verschwunden. Er hat die Tonne in einen Graben gerollt, wo sie jetzt noch liegt.“

Welches Ende die Unternehmung auch immer gefunden hatte: Heutzutage wäre der Dauermarsch sicherlich einen Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde wert gewesen.

eingesandt von: Carsten Plötz
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Stephanie Anders
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